Nino Haratischwili: Das achte Leben (für Brilka)

Die wirklich spannende neue deutsche Literatur wird von den Einwanderkindern erzählt. Keine Spur von Nabelschau und Selbstbespiegelung, wie es uns sonst oft hierzulande serviert wird. Stattdessen pralle, farbige, überbordende Geschichten, kurz: das, was wir Leser lieben. Wofür wir alles stehen und liegenlassen, um mit einem Buch abzutauchen in eine andere Welt.
Nino Haratischwili hat uns 2014 einen solchen Roman geschenkt.
„Das achte Leben (für Brilka)“ erzählt uns Europäern unsere Historie von seinem östlichen „Balkon“, wie Nino Haratischwili Georgien nennt. Fulminant, erschreckend, atemberaubend und ungemein berührend wird unerbittlich vorantreibend die Familiengeschichte der Jaschis durch fünf Generationen erzählt. Beginnend 1890 mit dem Ururgroßvater, Schokoladenfabrikant und Erfinder der Geheimen Schokolade, die in allerhöchste, rauschhafte Glückseeligkeit versetzt und Unglück bringt, und deren Rezept das streng gehütete Familiengeheimnis durch dieses Tod und Verderben bringende Jahrtausend ist. Und der rote Faden des Romans. Erster Weltkrieg, Sowjetisierung Georgiens, Zweiter Weltkrieg mit der Belagerung Leningrads, KGB, Gulag, Exil, Glasnost, Umsturz, Unabhängigkeit – und große Lieben zerrieben von unbarmherzigen Zeiten.
Brilkas Geschichte, die der 6. Generation, jetzt, heute, ist ein unbeschriebenes Blatt. Es bleibt (noch) leer. Wohin geht sie? Wohin geht Europa?